Friedensgespräch mit Ex-EU-Kommissar Verheugen und
EU-Kritiker Streeck
Am Mittwoch, 26. Oktober, 19 Uhr, findet in der Aula
der Universität im Schloss das nächste Osnabrücker Friedensgespräch
statt. Unter der Fragestellung »Was wird aus der
Friedensmacht Europa?« diskutieren der ehemalige
Vizepräsident der Europäischen Kommission und EU-Kommissar
für Erweiterung Günter Verheugen und der frühere Direktor
des Kölner Max-Planck- Instituts für Gesellschaftsforschung,
der Soziologe Prof. Wolfgang Streeck. Moderiert wird
das Gespräch von Prof. Roland Czada, Politikwissenschaftler
an der Universität.
Streeck formulierte jüngst in der ZEIT erneut seine
Kritik an einem »Europa«, das nur mehr als
Kurzwort für die Europäische Union verwandt werde. Insbesondere
die Währungsunion sei dabei, Europa zu spalten; es drohe
dauerhafter Ordnungsverlust, ein »normalisierter
Stellungsund Abnutzungskrieg« und die »Austrocknung
der nationalen Demokratien«. Unvereinbar mit Demokratie
sei auch ein »zwischenstaatliches Transferregime,
wenigstens eins von wirtschaftlich relevanter Größenordnung«,
wie es nötig wäre, um der wachsenden Ungleichheit zwischen
Nord und Süd und der »Verwandlung des Mittelmeerraums
in ein Armenhaus« zu begegnen.
Auch der frühere EU-Spitzenbeamte Verheugen räumt unter
dem Eindruck des Brexit Fehler der EU ein und kritisierte
in einem Interview des Deutschlandfunks »zu viel
Harmonisierung und Gleichmacherei« und das Ausmaß
der Bürokratie. Gleichzeitig dürfe nicht alle Schuld
in Brüssel abgeladen werden: »Wir sind nicht verantwortlich
in Europa für die Hetze der britischen Massenpresse
gegen alles, was europäische Politik ist und war in
den letzten zwei Jahrzehnten.« Schwerwiegend sei
im Fall eines Brexits, »dass die ohnehin schon
zu beobachtende Marginalisierung der Europäischen Union
in Fragen der globalen Politik sich verschärfen würde.«
Günter Verheugen amtierte von 1999 bis 2010 als EU-Kommissar
und wurde 2004 zum Vizepräsidenten der EU-Kommission
berufen. Nach einem Zeitungsvolontariat studierte er
Geschichte, Soziologie und Politische Wissenschaften
in Köln und Bonn. 1969 wurde er Mitarbeiter im Bundesinnenministerium,
1974 wechselte er mit Minister Genscher ins Auswärtige
Amt. 1977 wurde er Bundesgeschäftsführer und 1978 Generalsekretär
der FDP. 1982 trat er der SPD bei und war als Bundestagabgeordneter
von 1983 bis 1999 dort Mitglied im Auswärtigen Ausschuss.
Seit 2010 lehrt Verheugen »Europäisches Regieren«
an der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder).
Prof. Dr. Wolfgang Streeck studierte Soziologie, in
Frankfurt am Main, war von Wiss. Assistent an der Universität
Münster und forschte von 1980 bis 1988 am Wissenschaftszentrum
Berlin. Von 1988 bis 1995 war er Professor für Soziologie
und Industrielle Beziehungen an der University of Wisconsin/USA.
Streeck übernahm zahlreiche Mandate und Beratungsaufgaben,
u.a. für die NRW-Landesregierung, die Max-Planck-Gesellschaft,
die Bertelsmann- und die Hans-Böckler- Stiftung, sowie
Gastprofessuren im In- und Ausland.
|