Polens Bürgerrechtsbeauftrage hält Festvortrag am Tag
der Deutschen Einheit
Unter dem Motto »Europa sieht Deutschland«
steht alljährlich das Friedensgespräch am Tag der Deutschen
Einheit. Der Landkreis, die Stadt und die Universität
Osnabrück laden in diesem Jahr zur Matinee am 3. Oktober,
10.30 Uhr, erneut in das Kreiszentrum am Schölerberg
ein. Nach einem Empfang wird um 11 Uhr die polnische
Bürgerrechtsbeauftragte Prof. Dr. Irena Lipowicz den
Festvortrag unter dem Titel »Polen und Deutsche
in zwei Jahrzehnten neuer Freiheit« halten.
Als Stipendiatin der Alexander-von-Humboldt-Stiftung
forschte Irena Lipowicz nach ihrem Studium der Rechtwissenschaften
im polnischen Kattowitz auch an den Universitäten Tübingen
und Heidelberg. 1998 wurde sie zur Professorin für Verwaltungsrecht
an die Universität Warschau berufen. Nicht zuletzt ihr
frühes Engagement für die polnische unabhängige Gewerkschaftsbewegung
Solidarnosc führte sie 1991 als Abgeordnete in das polnische
Parlament, den Sejm. Im Jahr 2000 wurde Irena Lipowicz
zur Außerordentlichen Botschafterin in Österreich ernannt
und war von 2004 bis zur Regierungsübernahme durch Ministerpräsident
Kaczynski im Jahr 2006 Sonderbeauftragte Botschafterin
für die Deutsch-Polnischen Beziehungen. Von 2008 bis
2010 leitete sie die von Deutschland und Polen getragenen
Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit. Für ihr
Wirken erhielt Frau Lipowicz zahlreiche Ehrungen und
Auszeichnungen, darunter das Bundesverdienst-kreuz und
im Jahr 2009 die Ehrendoktorwürde der Universität Osnabrück.
Die zur politischen Partei gewordene Solidarnosc siegte
im Juni 1989 überwältigend bei den ersten freien Wahlen
Polens. Im Dezember 1990 wurde ihr Irena Lipowicz Gründer
Lech Walesa in einer Volkswahl zum Staatspräsidenten
gewählt. Ein Aufbruch der Staaten des ehemaligen Ostblocks
in Richtung Marktwirtschaft begann. Er führte auch zu
einer wachsenden Zahl von Begegnungen zwischen Deutschen
und Polen. Seit 2004 ist Polen, zusammen mit neun weiteren
Staaten, Mitglied der Europäischen Union. Das Land ist
inzwischen zu einem Musterland der EU geworden, das
von der aktuellen Wirtschafts- und Schuldenkrise wenig
betroffen ist.
Die Gesellschaft Polens erscheint heute stark modernisiert.
Reise- und andere Freiheitsrechte sind für die jüngere
Generation längst Normalität. Aber auch wenn unterschiedliche
Wirtschaftsinteressen und politische Meinungsverschiedenheiten
wie um den Bau einer Gas-Pipeline durch die Ostsee an
Polen vorbei, die Pläne für eine Stationierung eines
NATO-Raketenabwehrsystems in Polen oder das für Berlin
geplante Zentrum gegen Vertreibung als überwindbar erscheinen,
bleibt das deutsch-polnische Verhältnis empfindlich.
Was zu seiner Festigung und Verbesserung getan werden
kann, wird ebenfalls Thema der Veranstaltung sein, zu
der Interessierte herzlich eingeladen sind.
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