Die gegensätzlichen politischen Richtungsentscheidungen zum
Irakkrieg verursachten den jüngsten großen Dissens im deutsch-britischen
Verhältnis. Vor Jahren war es Premierministerin Thatcher,
die mit ihren Bedenken gegenüber der deutsch-deutschen Vereinigung
die deutsche Anglophilie strapazierte, während die Politik
Kanzler Kohls in England Ängste vor einem ›Vierten Reich‹
in Deutschland nährte.
Immer wieder scheinen interessierte Missverständnisse das
zumeist unproblematische, heute vielfach freundschaftliche
Verhältnis zwischen den Einwohnern beider Länder in Frage
zu stellen. Großbritannien verteidige gegenüber den europäischen
Nachbarn hartnäckig seine ehemalige, jetzt verblühte Weltmachtrolle,
lautet einer der Vorwürfe vom Kontinent. Die Deutschen beanspruchten
ein Führungsrolle in der nur angeblich so egalitären Europäischen
Union und streiften dabei ihre historische Verantwortung ab,
argwöhnen viele Briten.
Der britische Botschafter in Deutschland hat indessen andere
Alltagsprobleme: »Europa, unsere Gemeinsamkeiten und die Frage,
wie wir noch besser voneinander lernen können, unsere wirtschaftlichen
Probleme zu lösen - das sind die wahren Schwerpunkte meiner
Arbeit in Berlin, nicht die Schrecken unserer Vergangenheit«,
wird Sir Peter Torry, seit Mai 2003 Chef der britischen Mission
in Berlin, zitiert.
Dennoch ist das Bild vieler Briten von Deutschland unbestreitbar
noch häufig geprägt von der Gegnerschaft in zwei Weltkriegen.
Das bekommen auch Besucher der Insel zu spüren, gelegentlich
sogar handgreiflich. Die gemeinsame Geschichte ist weiterhin
Kampfplatz um Wahrheiten und Deutungen, und sie ist deswegen
zugleich Mahnung zu gegenseitiger Verständigung. Vieles in
den gegenseitigen ›Feindbildern‹ ist bloß Klischee. Aber eine
verschärfte internationale Lage, wie zuletzt durch den Irakkrieg
entstanden, kann offenbar auch politischen Sprengstoff in
das ›Haus Europa‹ bringen.
Am Sonntag, den 3. Oktober, dem Tag der Deutschen Einheit,
wird Sir Peter Torry im Rahmen der Osnabrücker Friedensgespräche
um 11 Uhr im Rathaus zum Thema »Großbritannien und die Bundesrepublik
heute« sprechen. Zuvor um 10.30 Uhr wird er sich bei einem
Empfang im Friedenssaal in das Goldene Buch der Stadt eintragen.
Peter Torry wurde 1948 in Berlin geboren. Nach seinem Studium
in Oxford trat er 1970 in den britischen Diplomatischen Dienst
ein und wurde an die Botschaften in Havanna und Jakarta und
Bonn entsandt. Am damaligen bundesrepublikanischen Regierungssitz
war er von 1981 bis 1985 tätig. Nach anschließenden Jahren
im Außen- und Commonwealth-Ministerium in London wurde Torry
1989 als Botschaftsrat nach Washington berufen und 1998 zum
Botschafter in Spanien ernannt. Sir Peter lebt in Berlin mit
seiner Frau Angela und drei Töchtern.
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